"Totentanz" von Carolein Smit, 2017-2021, erworben on der Künstlerin mit Unterstützung durch die Sächsische Landesstelle für Museumswesen und die Stiftung Deutsche Bestattungskultur, 2021. Foto: Esther Hoyer

Neuzugänge

Die Ständigen Ausstellungen des Museums haben fixe Komponenten: Objekte, die so einzigartig und herausragend sind, dass sie permanent gezeigt werden. Neben diesem starken Standbein gibt es jedoch auch ein bewegliches Spielbein der Ausstellungen, die für ein sich ständig veränderndes Bild der Ständigen Ausstellung beitragen. Daher ist es ein erklärtes Ziel, wichtige Neuerwerbungen und frisch restaurierte Objekte in die Ständigen Ausstellungen zu integrieren. Zuweilen erfolgt dies im Tausch mit bisher gezeigten Kunstobjekten, manchmal gelingt eine Verdichtung. So im Fall der eingestellten mehrteiligen Keramik-Installation „Totentanz“ von Carolein Smit (*1960/ Niederlande).

Neuzugänge 2024

Fischer mit Mütze

Ein neues Exponat bereichert demnächst in der Ständigen Ausstellung Antike bis Historismus unseren Historismus-Raum: die Bronzebüste eines neapolitanischen Fischers mit Mütze, die von dem französischen Bildhauer, Maler, Zeichner und Kupferstecher Jean-Baptiste Carpeaux (1827–1875) gefertigt wurde.

Er begann 1844 als 17-jähriger das Studium an der École des Beaux-Arts in Paris. Außer dem Vorbild seiner Lehrer und dem eindringlichen Naturstudium der Akademiezeit waren vor allem Eindrücke während seines Italienaufenthaltes – er hatte 1854 den begehrten „1. Prix de Rome“ gewonnen – für die weitere Entwicklung seines plastischen Stils entscheidend. Die Büste – eine Schenkung von Hermann Naumann und Helga Luzens –  gehört zu den frühen Werken von Carpeaux, bei denen Einflüsse Michelangelos und der italienischen Barockskulptur erkennbar sind.

In seinem Suchen nach gesteigerter Lebensnähe überwand Carpeaux endgültig die Starrheit der vorherrschenden akademischen Regeln. Seine Büste erzeugt mit dem Spiel von Licht und Schatten den Eindruck kraftvoller Präsenz und drückt zugleich Anmut und Sinnlichkeit aus.

Für den Schriftsteller Alexandre Dumas waren Carpeaux´ Skulpturen sogar „lebendiger als das Leben“. 1862 kehrte Carpeaux nach Paris zurück, wo er zahlreiche Aufträge erhielt, insbesondere von seinem Förderer Napoleon III. Sein Hauptwerk, „La Danse“ (1865–1869), befindet sich an der Fassade der Neuen Oper in Paris und löste u.a. wegen der dargestellten ausgelassenen Lebensfreude und der kraftvollen Dynamik einen monatelang anhaltenden Skandal aus. 1870/71 ließ sich Carpeaux vorübergehend in London nieder, wo er bis 1874 ein Atelier besaß.

Heute befindet sich die umfangreichste Sammlung seiner Werke im Louvre in Paris.


Möbel mit Materialmix

Das Museum erhielt einen bedeutenden Stuhl als Schenkung, die der Sammlung zu seinem ersten Bugatti-Möbel verhalf. Der Entwerfer Carlo Bugatti (1856-1940) entstammt einer Künstlerfamilie, die unterschiedlicher nicht sein konnte. Sein Vater war Architekt und Bildhauer, sein Schwager der Maler Giovanni Segantini, sein Sohn Ettore wurde ein berühmter Entwickler von Luxusautos. Auch im Werk des Designers spiegeln sich vielseitige Einflüsse und Interessen an anderen Kulturen. In seiner 1888 in Mailand gegründeten Werkstatt fertigte er Möbel an, die noch heute unkonventionell erscheinen. Elemente und Materialien der japanischen, maurischen und afrikanischen Kultur emulgierte er zu einem eigenen, unverkennbaren Stil.

Auch unser Exemplar zeigt seine Liebe zum Materialmix. Ebonisiertes Holz, Pergament mit kalligrafischen Dekor trifft auf geprägte Kupferapplikationen. Die Sitzfläche war ursprünglich vermutlich mit Leder bezogen.

 


Erfolgreiches Modell

Neu in der Ständigen Ausstellung ist ein Schreibsekretär (Leipzig, 1840er Jahre) aus der Werkstatt August Gey (1780–1851), welcher durch die umfangreiche Schenkung von Jochen Voigt erst kürzlich ins Museum gelangte.

 

Durch ein kleines Papieretikett (oberster Kasten im Schreibteil) ist dieser Schreibsekretär als Stück des Leipziger Bürgers, Tischlers und Tischlerinnungsmitglieds August Gey (1780-1851) ausgewiesen, dessen Haus Schrötergässchen Nr. 1 sowohl die Wohnung als auch die Werkstatt beherbergte.

Bis zum Zweiten Weltkrieg existierte im Museum für Kunsthandwerk Leipzig ein fast identisches Stück, welches heute als Kriegsverlust gilt. Erworben wurde es vom Leipziger „Antiquar Gustav Werner“. Im Zweiten Weltkrieg lagerte man das Möbel nach Kohren-Sahlis aus, nach 1945 wurde es von einer sowjetischen Trophäenkommission Richtung Moskau abtransportiert. Im Museum sind noch Fotografien des Möbels erhalten.

Ein drittes, sehr ähnliches Stück wurde im internationalen Kunsthandel verkauft und ein viertes wurde dem Grassimuseum 1997 zum Kauf angeboten, weshalb man wohl davon ausgehen kann, dass August Gey mit diesem Entwurf ein erfolgreiches Modell kreiert hatte, das er mehrfach – in leichten Varianten – wiederholte und gut verkaufen konnte. Möglicherweise spielte dabei die Leipziger Messe eine Rolle.
Das Möbel ist weitgehend in altem Zustand erhalten, wurde also in den letzten 100 Jahren nicht überarbeitet bzw. restauriert. Die völlig verschlissene grüne Textilauflage der Schreibklappe wurde aus ästhetischen Gründen 2002 ergänzt. Ein Stück des Originalstoffes liegt dem Sekretär bei.

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Berauschende kanne

Die Kanne ist ein herausragendes und zugleich charakteristisches Beispiel für die qualitätvollen Emailarbeiten aus Limoges. Besonders auffallend sind die in feinster Grisaille-Malerei ausgeführten figürlichen Darstellungen auf Schulter und Bauch des Gefäßes, die vom virtuosen Umgang mit der Grisailletechnik Zeugnis ablegen – dargestellt sind ein Bacchanal und der Triumph der Seegötter.

Die Kanne besitzt eine klassische Form – der flache Trichterfuß geht in einen sich nach oben hin erweiternden Bauch über, die Schulter mit einem schmalen Wulst ist leicht gewölbt, der konkav einschwingende Hals besitzt an der Öffnung einen mehrpassig geschwungenen Lippenrand mit ausgestelltem und spitz zulaufendem Ausguss.

Der weit nach oben hochgezogene Henkel setzt gegenüber dem Ausguss an und endet an der Schulter. Die Kanne entspricht damit der üblichen Machart – Einzelteile wie Fuß, Bauch, Schulter, Hals mit Ausguss und der hohe, röhrenförmige Henkel wurden jeweils aus Kupferblech getrieben, danach zusammengesetzt und im Anschluss polychrome Glasflüsse in mehreren Bränden aufgeschmolzen.

Über die ganze Höhe der Wandung ist ein sich von links nach rechts bewegendes mehrfiguriges Bacchanal in einer von Bäumen und Sträuchern belebten Landschaft zu sehen – Hauptszene unterhalb der Schnaupe ist der trunkene, auf einem Esel reitende Bacchus, der von zwei Satyrn gestützt wird, ein weiterer hält sein Gewand, das ihm von der Schulter zu gleiten droht und ein großes Deckelgefäß. Im Hintergrund befindet sich ein die Panflöte spielender Satyr, des Weiteren ein Kind, das eine Lanze trägt, auf der ein Ziegenkopf aufgespießt ist. Ein anderes Kind reitet auf einer Ziege, bocksbeinige, zum Teil gehörnte Satyrn sind weitere Teilnehmer des Bacchanals. Sie tragen Trinkgefäße mit sich oder spielen auf einer Trompete.

Auf der Schulter ist der Triumph der Seegötter dargestellt: neben einem Triton, Nereiden und einem Hippokampen sind phantastische See- und Fabelwesen zu sehen, die Bocksbeine, Fledermausflügel oder Geweihe besitzen und sich im wild bewegten, schäumenden Wasser tummeln. Mit Ausnahme eines Seewesens bewegen sich alle in die gleiche Richtung wie die Teilnehmer des Bacchanals. Ein nach oben bzw. unten ausgerichteter Akanthus-Blattfries schmückt Fußschaft und Hals, unter bzw. über den beiden Blattfriesen sind jeweils Arabesken in Gold dargestellt. Die Unterseite des gewölbten Fußes besitzt ein vergleichbares Dekor wie diejenige des Henkels – goldene Punktrosetten und stilisierte Lilien-Blüten, die am Fuß um die Sonne angeordnet sind. Zudem ist die Außenseite des Henkels mit einem schwarzen Kordelband auf weißem Fond bemalt.

Grafische Vorlagen für das Bacchanal und den Triumph der Seegötter waren zwei um 1546 entstandenen Radierungen von Jacques Androuet Ducerceau (vor 1520–1585/86), die zu einer zehnteiligen Folge mit Schalenentwürfen, den „Fonds de Coupes“, gehören. Sie wurden in den Limousiner Werkstätten bevorzugt als Vorlagen aufgegriffen. Die in ein Schalenrund eingepassten Darstellungen sehen bereits eine Verwendung als Gefäßdekore vor und dürften sich daher unmittelbar an die Emailleure gerichtet haben. Ducerceau hinterließ als Architekt, Zeichner und Kupferstecher ein umfangreiches Œuvre und nahm durch seine Entwürfe für Möbel, Gefäße und Schmuck sowie Grotesken, Friese und Kartuschen starken Einfluss auf Kunsthandwerker und speziell auf die Limousiner Emailleure

Die künstlerische Qualität der figürlichen Darstellungen auf der Kanne ist außergewöhnlich hoch, die Figuren wirken lebendig und dynamisch, die Körper werden durch Licht- und Schattentöne fein differenziert und dadurch überzeugend plastisch wiedergegeben

Gesamter Text (PDF)

Kanne mit Bacchanal und Triumph der Seegötter
Monogrammist/Werkstatt „IC“, Limoges, 3. Viertel 16. Jh.
Kupferblech, Maleremail in Grisaille mit Eisenrothöhung, Goldmalerei
Höhe 27 cm, Durchmesser 11 cm
Inv. Nr. LN2023/26

Dauerleihgabe der Ernst von Siemens Kunststiftung, Ankauf von der Kunsthandlung Julius Böhler

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